
Karate – Do dient
nicht dazu, anderen Menschen physischen Schaden zuzufügen (außer im
Falle der Selbstverteidigung) oder sie zu töten. Auch ist es nicht die
bloße Kunst, Bretter, Steine oder andere Gegenstände mit Händen, Füßen,
dem Kopf oder einem sonstigen Körperteil zu zerschlagen. Gut trainierte
Karateka oder andere Kampfkünstler sind zwar in der Lage, das zu
vollbringen, aber es ist weder Sinn noch Zweck des Karate – Do.
Karate – Do ist eine Körper- und Kampfkunst, ein Mittel der
Selbstverteidigung und dient in erster Linie der Weiterentwicklung der
Persönlichkeit und zur Festigung des Charakters.
Somit ist Karate – Do nicht nur eine Sache der Körperbeherrschung,
sondern auch die Schule der Geistesbildung, die den Karateka das ganze
Leben begleiten sollte.
Zitat von Meister Gichin Funakoshi:
“So wie die blanke Oberfläche eines Spiegels alles wiedergibt, was vor
ihm steht, und wie ein stilles Tal selbst den schwächsten Laut
weiterträgt, soll der Karateschüler sein Inneres leer machen von
Selbstsucht und Boshaftigkeit, um in allem, was ihm begegnen könnte,
angemessen zu handeln.”
KARATE – ein Sport für Körper
und Geist
Karate wird leider oftmals gleichgesetzt mit Bretterzerschlagen. Dieses
Vorurteil entstammt öffentlichen Schauvorführungen, die auf
Publikumswirksamkeit abzielen und Karate zur zirkusreifen Artistik
erklären. In Wirklichkeit ist Karate jedoch alles andere als ein Sport
für Selbstdarsteller. Im Training und Wettkampf werden Fuß- und
Fauststöße vor dem Auftreffen abgestoppt. Voraussetzung dafür ist
Selbst-disziplin, Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Partner und
natürlich eine gute Körperbeherrschung, die im Kihon (Grundschule)
systematisch aufgebaut wird. Aufgrund seiner vielseitigen Anforderungen
an Körper und Geist ist Karate ideal als Ausgleich zu den Anforderungen
des Alltags: Der Karateka trainiert Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und
Beweglichkeit. Das macht fit! Mit Entspannungstechniken, Atemübungen und
Meditation steigert er seine Konzentrationsfähigkeit und schult die
eigene Körperwahrnehmung.
KARATE – eine moderne und
wirksame Selbstverteidigung
Viele Karateka üben ihren Sport aus, um sich im Notfall selbst
verteidigen zu können. Und tatsächlich ist Karate eine wirksame und
praktikable Verteidigungsart. Kraft und körperliche Statur spielen in
der Karate-Selbstverteidigung nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger
sind Schnelligkeit, Geschicklichkeit und Gelassenheit. Nur wer bei einem
Angriff nicht in Panik gerät, kann sich sinnvoll verteidigen. Deshalb
vermitteln spezielle Lehrgänge neben technischen Fertigkeiten auch die
psychologischen Komponenten der Selbstbehauptung und Selbstverteidigung.
Diese Aspekte machen Karate – Selbstverteidigung insbesondere für Frauen
und Mädchen interessant.
KARATE – ein Sport für uns alle
Ob Ausgleichssport, allgemeine Fitness oder Selbstverteidigung, Karate
eröffnet allen Altersgruppen und Interessenlagen ein breites sportliches
Betätigungsfeld.
Karate ist nicht nur spannend für Jung und Alt. Durch die Vielseitigkeit
fördert Karate Gesundheit und Wohlbefinden. Auch deshalb haben sich
viele junge und ältere Menschen für diesen Sport entschieden. In den
meisten Vereinen gibt es Anfängerkurse, die den Einstieg leicht machen:
Stufe um Stufe wachsen Geschicklichkeit und Leistungsvermögen. Die
farbigen Gürtel der Budosportarten sind dabei Hilfe und Ansporn.
KARATE – Wettkampf und Tradition
Im Karate werden grundsätzlich zwei Wettkampfdisziplinen unterschieden:
Beim "Kumite" (Freikampf) stehen sich zwei Karateka auf einer
Kampffläche gegenüber und versuchen, wertbare Stoß-, Schlag- und
Tritttechniken anzubringen. Die Kriterien sind so gehalten, dass
Verletzungen der Kampfpartner ausgeschlossen sind: wer sich nicht daran
hält, wird disqualifiziert!
Die Disziplin "Kata" ist eine Abfolge genau festgelegter Angriffs- und
Abwehr-techniken gegen mehrere imaginäre Gegner, die sich aus
verschiedenen Richtungen nähern. Man unterscheidet rund 50 verschiedene
Katas, deren Ästhetik im Einklang von Kampfgeist, Dynamik und Rhythmik
liegen. Manche Kata wurde über Jahrhunderte von Generation zu Generation
weitergegeben und ist Zeuge der Tradition des Karate.
Karatetraining
Das Karatetraining gliedert sich in folgende
Teile:
Kihon (Grundschule):
Hier lernen die Karateka Abwehr und Angriffstechniken mit Händen und
Füßen.
Auf eine exakte Ausführung der Technik, einen tiefen Stand sowie die
präzise Verwendung der Hüfte wird Wert gelegt.
Im Kihon lernt man auch, seine Techniken zu kontrollieren und Körper und
Geist auf einen Punkt zu konzentrieren.
Deutlich wird dies durch den KIAI, den Kampfschrei, der bei diesem
Körpereinsatz erfolgt.
Kata (Form):
Als Kata bezeichnet man den Kampf gegen einen oder mehrere imaginäre
Gegner. Dabei trainiert der Karateka die Verteidigung in alle
Richtungen.
Sie dient sowohl der Körperschulung als auch der Perfektion der Technik.
Ein Leitsatz von Sensei Funakoshi war stets: „Karate ni sente nashi!“
(Es gibt keinen ersten Angriff im Karate.)
Das macht deutlich, dass diese Kampfkunst nur der Verteidigung dient.
Getreu diesem Leitsatz beginnen alle im Shotokan gebräuchlichen Kata (27
an der Zahl) mit einer Blocktechnik.
Auf Okinawa wurde Karate nur durch die Kata weitergegeben, somit sind
einige davon mehrere hundert Jahre alt (z. B.: Kanku – Dai, die aus der
Kushanku entstand). Andere wurden erst im letzten Jahrhundert
entwickelt, um Anfängern den Einstieg zu erleichtern (Taikyoku, Heian).
Kata wird auch als "Meditation in Bewegung" bezeichnet. Vor allem die
Fortgeschrittenen sollten sich damit auseinandersetzen, dass Kata mehr
ist als aneinandergereihte Techniken aus dem Kihon. Die spirituellen
Aspekte sollten betont werden.
Ein untrennbares Element, das zu jeder Kata geübt werden sollte, ist das
Bunkai (Kata in Anwendung). Hier werden die in der Kata versteckten
Selbstverteidigungstechniken entschlüsselt und mit einem Übungspartner
trainiert. Zum Verständnis der Kata ist das Bunkai von großer Bedeutung.
Kumite (Partnertraining):
Ziel des Kumite ist es, die erworbenen Fähigkeiten mit dem Partner zu
üben. Wichtig dabei ist es, ein gutes Timing, die richtige Distanz und
auch die passende Technik zu wählen.
Sämtliche Techniken müssen mit hoher Konzentration ausgeführt werden, da
sie unmittelbar vor dem Auftreffen abgestoppt werden, um den Partner
nicht zu verletzen.
Es gibt verschiedene Stufen des Kumite, angefangen vom Angreifen mit
Ansage, wie im Gohon-, Sanbon- oder Kihon-Ippon-Kumite bis hin zum
Freikampf, dem Jiyu Kumite, der auch als sportlicher Wettkampf auf
Meisterschaften ausgetragen wird. Bei dieser Form wird mit Schützern
gekämpft, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.
Bei allem Einsatz sollte man aber nicht vergessen, dass mit einem
Partner geübt wird, nicht mit einem Gegner. Karate beginnt und
endet mit Respekt!
Die Geschichte des Karate
Die Ursprünge des
Karate reichen bis 500 n. Chr. zurück.
Chinesische Mönche entwickelten damals aus Atemtechniken und
gymnastischen Übungen zur Schulung von Körper und Geist eine waffenlose
Selbstverteidigung.
Im 14. Jahrhundert gelangten diese Kampftechniken von China nach
Okinawa, der Hauptinsel von Ryukyu, die rege Handelsbeziehungen
zueinander unterhielten.
Dort wurden die neuen Techniken mit einheimischen vermischt und so
entstand das To - De oder Okinawa - Te.
Im Jahre 1416 wurde Okinawa vom japanischen König Sho Shin unterworfen.
Dieser verbot den Bewohnern jegliches Tragen von Klingenwaffen, um
Aufstände zu verhindern und die Bevölkerung ruhigzustellen.
Um sich vor plündernden und willkürlich mordenden Samurai zu schützen,
erfuhr das Okinawa - Te einen regelrechten Aufschwung, bis sich die
großen Meister Okinawas zusammentaten und beschlossen, ihre Kampfkunst
nur noch im Geheimen zu lehren.
Vor allem in der bäuerlichen Region entwickelte sich parallel zum
Okinawa - Te das Kobudo, welches den Kampf mit Waffen beinhaltet, die
aus landwirtschaftlichen Geräten entstanden. Auf Okinawa wurden damals
beide Kampfsysteme eng miteinander gelehrt. (Siehe auch Kobudo)
Da es sehr schwierig war, einen gut ausgebildeten und bewaffneten
Samurai im Kampf zu besiegen, waren die Kampfsysteme von Okinawa darauf
ausgelegt, nicht getroffen zu werden und nach Möglichkeit mit einem
Schlag zu töten (Ikken - Hissatsu - Prinzip).
Dies führte dazu, dass Karate (teilweise bis heute) den
ungerechtfertigten Ruf genoss, ein aggressives Kampfsystem, ja sogar die
"Härteste aller Kampfsportarten", zu sein.
Die Verbreitung und die tödliche Wirkung des Okinawa - Te führten
schließlich dazu, dass es von den japanischen Besatzern ebenfalls
verboten wurde, allerdings wurden seine Techniken weiterhin im Geheimen
geübt und perfektioniert.
Erst als Okinawa im Jahre 1875 offiziell zu einer Präfektur Japans
erklärt wurde, änderte sich die Situation für das Karate, das damals
noch mit dem chinesischen Zeichen für Kara geschrieben wurde.
Nachdem das Militär auf die positiven Aspekte des Karate aufmerksam
geworden war, wurde es 1902 offizieller Schulsport auf Okinawa.
Nun dienten die Techniken nicht nur der Selbstverteidigung, sondern vor
allem auch der körperlichen Ertüchtigung.
Es war Gichin Funakoshi, der begann, Karate zu systematisieren.
Für ihn stand neben der Leibesertüchtigung vor allem die
Charakterbildung im Vordergrund.
Zwischen 1906 und 1915 reiste Funakoshi durch ganz Okinawa und
präsentierte „sein“ Karate. Dabei wurde der Kaiser auf ihn aufmerksam
und lud ihn ein, Karate 1922 in Tokyo bei einer nationalen Budo -
Veranstaltung vorzuführen.
Diese Vorführung war so erfolgreich, dass man Funakoshi anbot, Karate im
Kodokan (der Hochburg des Judo) in Tokyo zu lehren.
1924 gründete Funakoshi dann sein erstes Dojo und änderte das
Schriftzeichen vom chinesischen Kara in das japanische Kara. Die
Aussprache war identisch, jedoch änderte sich damit die Bedeutung von
China Hand in Leere Hand, was sowohl auf den unbewaffneten Kampf als
auch auf die „Leere“ im Zen Buddhismus hindeutet.
Der Zusatz Do, der Weg bedeutet, wird nicht so oft verwendet, obwohl er
eine entscheidende Rolle im modernen Karate einnimmt. Karatedo (der Weg
der leeren Hand) weist vor allem auf den Lebensweg und den
philosophischen Hintergrund des Karate hin.
Neben Funakoshi gab es noch andere Meister, die Karate verbreiteten. Da
aber jeder andere Schwerpunkte setzte und (bedingt durch die Weitergabe
im Geheimen) über ein anderes Technikrepertoire verfügte, entwickelten
sich mehrere Stilrichtungen.
Die vier größten sind:
- Shotokan (oder auch Shotokan - Ryu)
- Goju - Ryu
- Wado - Ryu
- Shito - Ryu
Nach Funakoshis Spitznamen „Shotokan“ wurde auch die Stilrichtung
benannt, die auf ihn zurückgeht und in der ganzen Welt Anerkennung
findet.
Inzwischen hat sich das Karate von einer Kampfkunst immer mehr zu
einem Kampfsport gewandelt.
Nach Funakoshis Tod war es vor allem Masatoshi Nakayama, der zur
Versportlichung des Karatedo beitrug.
Er begann 1932 unter Funakoshi zu trainieren und gründete zusammen
mit Hidetaka Nishiyama und Isao Obata 1949 die JKA (Japan Karate
Association).
Ihr Ziel war es, ein Regelsystem für Karate-Wettkämpfe zu erarbeiten
und die einzelnen Shotokan Gruppierungen der verschiedenen
Universitäten zu vereinigen.
Gichin Funakoshi sah diese Entwicklung im Karate nicht gerne.
Er war gegen ein sportliches Karate und sah darin eine Bedrohung für
die Werte des Karatedo.
Er konnte diese Tendenz aber nicht aufhalten und so wurde 1957 der
erste sportliche Wettkampf im Karate ausgetragen, der von Hirokatsu
Kanazawa gewonnen wurde.
Meister Funakoshi erlebte diese Veranstaltung jedoch nicht mehr, da
er kurz vorher im Alter von 88 Jahren verstarb.
Heute gibt es neben der JKA, die nach dem Tod von Masatoshi Nakayama
gespalten und zerstritten ist, noch zwei weitere Weltverbände:
• die 1977 von Meister Kanazawa gegründete SKI (Shotokan Karate
International) und
• die WKF (World Karate Federation), der auch der Deutsche Karate
Verband mit seinen 16 Landesverbänden angehört.
Die WKF ist, seit sie 1985 die Anerkennung durch das Internationale
Olympische Komitee (IOC) erhielt, die weltweit größte Organisation
zur Verbreitung des Sportkarate.
Rechtliche Grundlagen
Jeder Karateka muss
sich während seiner Ausbildung mit den Grundlagen des Notwehrrechts
beschäftigen. So wird gewährleistet, dass ein Karateka
Gefahrensituationen realistisch einschätzen und dadurch richtig zu
reagieren vermag. Oberstes Gebot ist stets der e
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit!
Dies bedeutet, dass ein körperlicher Angriff auf die eigene oder eine
dritte Person mittels Anwendung unmittelbaren Zwanges bis zur Beendigung
des Angriffes situationsadäquat abgewehrt und der Angreifer nach
Möglichkeit unter Kontrolle gebracht werden muss.
Das Notwehrrecht ist durch das Strafgesetzbuch (StGB) und das
Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geregelt:
§ 32 StGB "Notwehr"
(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht
rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen
gegenwärtigen rechts-
widrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
§ 33 StGB "Überschreitung der Notwehr"
Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht
oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.
§ 34 StGB "Rechtfertigender Notstand"
Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben,
Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat
begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt
nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen,
namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen
drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte
wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein
angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.
§ 227 BGB "Notwehr"
(1) Eine durch Notwehr gebotene Handlung ist nicht widerrechtlich.
(2) Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um
einen gegen-
wärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
§ 229 BGB "Selbsthilfe"
Wer zum Zwecke der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder
beschädigt oder wer zum Zwecke der Selbsthilfe einen Verpflichteten,
welcher der Flucht verdächtigt ist, festnimmt oder den Widerstand des
Verpflichteten gegen eine Handlung, die dieser zu dulden verpflichtet
ist, beseitigt, handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe
nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die
Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder
wesentlich erschwert würde.